Zufriedenheit

Was uns wirklich zufrieden macht

Ökotipp vom 24. April 2012 von Barbara Gehring
Geschäftsführerin WWF Schaffhausen 

Es ist Sonntag, später Vormittag. Weshalb habe ich das Thema „Was uns wirklich zufrieden macht“ überhaupt gewählt? Was hat es mit Ökologie zu tun? In unserer westlichen Welt gilt seit Jahrzehnten der Grundsatz des Wirtschaftswachstums. Wirtschaftswachstum um welchen Preis? Auch um den Preis, dass die Natur immer mehr ausgebeutet wird? Müssen Regenwälder den Palmölplantagen und Sojamonokulturen weichen? Wirtschaftswachstum um den Preis, dass Menschenrechte mit Füssen getreten, Gewässer vergiftet und ganze Landschaften umgepflügt werden, um Rohstoffe zu gewinnen?
Längst gibt es pro Haushalt in der Schweiz mehr als ein Auto und sogar mehrere Handys pro Person. Die Ferien werden schon lange nicht mehr im Tessin oder an der Adria verbracht. Marokko, Mexiko, Burma oder die Malediven muss es sein.
Ob die Wirtschaft wächst oder schrumpft, hängt in erster Linie vom Kaufverhalten von uns Konsumentinnen und Konsumenten ab. Wachsen die Umsätze, so wird die Entwicklung positiv bewertet, stagnieren oder sinken sie sogar, wird über „schlechte Konsumentenstimmung“ geklagt.
Immer mehr, immer schneller = immer zufriedener? Glücksforscher beschäftigen sich intensiv mit dieser Fragestellung. Sie kommen zum Schluss, dass mehr Konsum nicht mehr Glück bedeutet. Lebensstandard ist nicht gleichzusetzen mit Lebensqualität. Konsum kann zur Plage werden. Ein aktuelles Beispiel: In der Schweiz leiden 1 Mio. Einwohner unter Lärm, die meisten von ihnen unter Strassenlärm. Oder anders gesagt, je mehr Leute Auto fahren, desto mehr Leute leiden unter dem Strassenlärm. Und wachsen die Verkehrsstaus. Zudem ist der Autoverkehr längst zur Klimagefahr Nr. 1 geworden. Der Fleischkonsum in der Schweiz ist am Wachsen. Mit negativen Auswirkungen auf Gesundheit, Tierwohl und Umwelt. Wie also entfliehen wir dem Teufelskreis Wachstum?

Was macht mich wirklich zufrieden? Wann bin ich glücklich? Ein paar persönliche Antworten: Heute hat mich der Gesang der Mönchsgrasmücke geweckt. Ich habe ihrem wunderbare Lied vom warmen Bett aus gelauscht und mich gefreut.
Am Wochenende machte ich einen Waldspaziergang. Die Sonne schien und die zartgrünen Buchenblätter schimmerten mit dem blauen Himmel um die Wette. Dicke, geschäftige Hummeln besuchten die Blüten der Waldplatterbse. Ich staunte ob der Schönheit des Frühlingswaldes.
Ich liebe meinen Naturgarten und die Gartenarbeit. Besonders schön ist es, wenn Nachbars Katze mich besucht und mir stundenlang bei der Gartenarbeit „assistiert“. Wer von uns beiden dann glücklicher ist, weiss ich nicht.
Zufrieden bin ich, wenn ich nach getaner Arbeit noch einen Rundgang durch den Garten mache.
Wenn die Gemüselasagne gut gelingt und sie von unseren Gästen gelobt wird, freut es mich. Und wenn die Gesprächsatmosphäre gut ist und Gespräche Tiefgang haben.
Dankbar bin ich, dass ich gesund bin mit dem Velo zur Arbeit fahren kann. Auf ein Auto verzichte ich freiwillig. Das ist aber kein wirklicher Verzicht. Es ist eher eine Weigerung, mich an der Verkehrslawine zu beteiligen und das Klima zu belasten. Wenn ich mein T-Shirt länger trage, statt schon wieder ein neues zu kaufen, habe ich mehr Zeit für die Dinge, die mir wirklich wichtig sind.
Wachstum führt uns nicht ins unendliche Glück, sondern in absehbarer Zeit zum Kollaps des Ökosystems.
Heute hat mein 75jähriger Birnenspalier seine ersten zarten Blüten geöffnet.
In welchen Situationen sind Sie zufrieden? Was macht Sie glücklich? Darauf müssen Sie ihre persönlichen Antworten finden. 

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